Seit dem Jahr 2003 werden auf Basis von EU-SILC (European Community Statistics on Income and Living Conditions) jährlich Indikatoren zu Armut und sozialer Eingliederung berechnet. Diese Indikatoren sowie einen ausführlichen Tabellenband (PDF, 3MB) für Österreich aus EU-SILC 2021 finden Sie in der unten stehenden Tabellenliste. Einen Überblick über die Hauptindikatoren für Armut in Österreich geben die erste Tabelle sowie die Pressemitteilung zu Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung.
Im Jahr 2021 ist in Österreich von rund
Der Indikator „Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung“ umfasst die drei Zielgruppen „erhebliche materielle und soziale Deprivation“, „Armutsgefährdung“ und „Personen in Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität“. 1,8% der Gesamtbevölkerung waren im Jahr 2021 erheblich materiell und sozial depriviert, 14,7% der Bevölkerung waren armutsgefährdet und 7,4% (nur Personen unter 65 Jahren) lebten in Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität. Da diese Merkmale in Kombination auftreten können, ist die Zahl der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten geringer als die Summe der drei Einzelindikatoren.
Die im Jahr 2010 eingeführte Europa 2020-Strategie für intelligentes, nachhaltiges und
integratives Wachstum sah vor, die Zielgruppe der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten
in der EU innerhalb von zehn Jahren (ausgehend vom Jahr 2008) um 20
Millionen Menschen zu verringern. Für Österreich bedeutete dies eine
angestrebte Reduktion um
Die neue Europa 2030-Strategie, ein Aktionsplan der EU-Kommission für den Zeitraum bis 2030, um die 2017 von der EU in Göteborg beschlossene „Europäische Säule sozialer Rechte“ umzusetzen, hat wiederum die Reduktion der Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen in der EU – bis 2030 um 15 Millionen, darunter mindestens 5 Millionen Kinder, zum Ziel. Österreich strebt an, die Zahl der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Personen in Österreich bis 2030 auf 1 230 000 Menschen zu reduzieren. Orientiert am Wert aus EU-SILC 2019 bedeutet dies eine Reduktion um 204 000 Betroffene, die Hälfte davon sollen Kinder unter 18 Jahren sein.
Zur Messung der Zielerreichung
wird weiterhin der Indikator der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung
herangezogen, wobei Definitionsänderungen in den Teilbereichen der Deprivation
sowie der niedrigen Erwerbsintensität zu beachten sind. Eine detaillierte
Gegenüberstellung der Indikatoren nach Definition der Europa
Die Veränderungen zwischen den einzelnen Jahren sind
aufgrund der statistischen Schwankungsbreite nur mit großer Vorsicht
zu interpretieren. Die rückläufige Tendenz zwischen 2008 und 2020 als solche kann
jedoch aufgrund der mehrjährigen Entwicklung als abgesichert gelten.
Die im Rahmen der Europa 2030-Strategie geänderte Definition bedeutet
einen Zeitreihenbruch
in der langfristigen Beobachtung. Veränderung im Hauptindikator Armuts-
oder Ausgrenzungsgefährdung von 2020 auf 2021 sind statistisch nicht
signifikant. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung Österreichs liegt
die Quote der
Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung 2021 (17,3%) im 95%-Vertrauensbereich zwischen 15,9% und 18,7%, d.h. es müssen zwischen
Der Indikator Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung nach der Europa 2030-Strategie umfasst nun die drei Zielgruppen „erhebliche materielle und soziale Deprivation“ (ein Maß für absolute materielle und soziale Benachteiligungen), „Armutsgefährdung“ (relative Einkommensarmut) und „Personen in Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität“.
Als erheblich materiell und sozial depriviert gelten Personen, auf die zumindest sieben der folgenden 13 Merkmale zutreffen: Dem Haushalt ist es finanziell nicht möglich, (1) unerwartete Ausgaben zu tätigen, (2) einmal im Jahr auf Urlaub zu fahren, (3) Miete, Betriebskosten oder Kredite pünktlich zu bezahlen; (4) jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder eine vergleichbare vegetarische Speise zu essen, (5) die Wohnung angemessen warm zu halten, (6) abgenützte Möbel zu ersetzen oder (7) ein Auto zu besitzen. Personen ab 16 Jahren ist es finanziell nicht möglich, (8) eine Internetverbindung zu haben, (9) abgenutzte Kleidung zu ersetzen, (10) zwei Paar passende Schuhe zu haben, (11) jede Woche einen kleinen Betrag für sich selbst auszugeben, (12) regelmäßig kostenpflichtige Freizeitaktivitäten auszuüben oder (13) einmal im Monat Freundinnen und Freunde oder Familie zum Essen/Trinken zu treffen.
Für Personen ab 16 Jahren müssen mindestens sieben von diesen 13 Merkmalen zutreffen, damit sie als erheblich materiell und sozial depriviert gelten. Dies gilt auch für Personen unter 16 Jahren, wobei zudem mindestens drei dieser Merkmale aus der Kategorie der Haushaltsmerkmale (1) bis (7) stammen müssen. Außerdem zählt eines der Personenmerkmale (8) bis (13) zusätzlich auch für Personen unter 16 Jahren, wenn das jeweilige Merkmal für zumindest die Hälfte der restlichen Haushaltsmitglieder zutrifft.
Grundlage für die Berechnung der Armutsgefährdung ist das äquivalisierte Nettohaushaltseinkommen,
also das verfügbare Haushaltseinkommen dividiert durch die Summe der
Konsumäquivalente des Haushalts (näheres siehe Haushaltseinkommen).
Als armutsgefährdet werden jene Personen bezeichnet, deren äquivalisiertes
Nettohaushaltseinkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle von 60%
des Medians (mittlerer Wert der Verteilung) liegt. Für 2021 liegt der
Median des äquivalisierten Nettohaushaltseinkommens bei
Als Haushalte mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität
werden jene bezeichnet, in denen die Erwerbsintensität der Haushaltsmitglieder
im Erwerbsalter (18
Auf Grundlage der Einkommens- und Lebensbedingungen-Statistikverordnung
(ELStV) wurden in der Erhebung EU-SILC 2012 erstmals Verwaltungsdaten
zur Berechnung von Komponenten des Haushaltseinkommens sowie für die
Hochrechnung verwendet (siehe dazu ausführlich im Methodenbericht
EU-SILC 2012, PDF, 1MB). Vorteile der geänderten Methodik
- davor waren ausschließlich Befragungsdaten zur Einkommensmessung
verfügbar - sind eine höhere Datenqualität bei gleichzeitiger Entlastung
der Befragten. Um das Monitoring des mit den Daten von 2008 beginnenden
Europa 2020-Sozialziels trotz Umstellung auf Verwaltungsdaten mit EU-SILC
2012 zu gewährleisten, hat Statistik Austria durch eine Rückrechnung von EU-SILC 2008
Die Indikatoren zu Armut und sozialer Eingliederung für alle europäischen Staaten werden von Eurostat publiziert. Sie sind über die Eurostat-Website der Statistiken über Einkommen, soziale Eingliederung und Lebensbedingungen verfügbar. Die aktuellsten Eurostat-Publikationen zum Thema mit umfassenden Ländervergleichen sind unter folgenden Links zu finden:
Ein in der europaweit vergleichenden Studie „Income and Living Conditions“ (PDF, 6MB) enthaltener Beitrag von Statistik Austria zeigt erstmals anhand von Paneldaten die Dynamik der Veränderungen bei nicht-monetären Benachteiligungen in den EU-Mitgliedstaaten. Eine ausführliche Fassung findet sich als Arbeitspapier „Towards an inclusion balance: accounting for gross change in Europeans' living conditions“ (PDF, 3MB) in einer Veröffentlichungsreihe von Eurostat zu methodologischen Fragen in EU-SILC. Das Thema materielle Deprivation und Deprivation von Kindern wird im 2012 erschienenen Eurostat Arbeitspapier „Measuring Material Deprivation in the EU“ (PDF, 4MB) ausführlich behandelt.
Die jährlichen Berichte aus EU-SILC finden Sie bis zum Jahr 2007 unter „Publikationen“, ab 2008 sind sie unter „Weitere Informationen“ aufzurufen. Unter „Weitere Informationen“ finden Sie auch vertiefende Analysen aus EU-SILC, Informationen zur Mikrodatennutzung sowie zu Armut und sozialer Eingliederung in den Bundesländern. Statistik Austria hat diese Studie zu Armut und sozialer Eingliederung in den Bundesländern (PDF, 5MB) im Auftrag der Bundesländer (vertreten durch die Verbindungsstelle der Bundesländer) durchgeführt.
Kurzgefasste Ergebnispublikationen mit Daten aus EU-SILC (u.a. zu Armut, Vererbung von Teilhabechancen, Subjektivem Wohlbefinden) sind auch in den Statistics Briefs erschienen.
Informationen zur Erhebung und für teilnehmende Haushalte finden Sie auf unserer Website SILC.